#MeinTagohnemich

Auf Mareices Blog kaiserinnenreich.de habe ich von Aktion A Day Without A Woman gelesen und möchte mich daran beteiligen. Ich werde nicht streiken, möchte aber von Tagen ohne mich erzählen.

Ich habe innerhalb von vier Jahren drei Kinder bekommen. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass das mein Leben komplett auf den Kopf gestellt hat. Die ersten Jahr mit Kind/ern waren eine absolute Ausnahmezeit, geprägt von ständiger Müdigkeit, Überforderung und einem stetig wachsenden Gefühl der inneren Ohnmacht.

Durch meine Erfahrungen in meiner Ursprungsfamilie fehlten mir vor allem Vorbilder. Mit den Kindern zu leben, bedeutete für mich immer wieder innere Kämpfe auszutragen. Bin ich eine gute Mutter? Mache ich es besser als meine Eltern? Werde ich den Bedürfnissen der Kinder gerecht? Kann ich die Erwartungen von Außen erfüllen? Diese Grübeleien sind pures Gift für die Seele, sie zermürben.
Mein Therapeut sagte zu Beginn der Therapie, dass ich eine Problemfülle mit mir trage. Er wollte das gerne zurücknehmen, aber ich fand es passend, dass er es so klar aussprach. Ich habe mir von ihm bisher keine Diagnose nennen lassen, ich bin keine Diagnose, aber es gibt viele Punkte in diesem Artikel, die mit meinem Erleben übereinstimmen.

Bevor ich Mutter wurde, schaffte ich es gut, mein Leben zu leben. Ich hatte das Gefühl, ich hätte es unter Kontrolle. Jetzt weiß ich, dass ich ‚die Dinge‘ verdrängt habe. Mit den Kindern blieb nicht mehr die Kraft, diese Verdrängungsmechanismen aufrecht zu erhalten. Meine Fassade begann zu bröckeln.

Und so gab es immer mehr Tage ohne mich. Ich hatte mich aufgelöst, war weg, fühlte mich nicht mehr. Statt meiner war dort ein Roboter, der so gut es ging funktionierte. Arbeiten, Organisation des Familienalltag, Elternsprechtage, Kinderarzttermine, Kindergeburtstage, Feiertage, Schulanmeldung, Haushalt etc. Ein Hamsterrad, das nicht aufhörte sich zu drehen. Ich war so überfordert, so sehr am Limit, dass ich nicht in der Lage war, meine Gefühle zu formulieren. Nach Hilfe fragen, konnte ich nicht. Und so wusste niemand von den Tagen ohne mich.

Mein Partner merkte nichts und das schmerzt mich so sehr.

Aus einer Vielzahl von Gründen werden überhöhte und unrealitsche Erwartungen an Mütter gestellt. Mütter sind stark. Mütter schaffen alles. An diesen Erwartungen wäre ich beinahe zerbrochen. Für immer weg. Für immer nur noch Tage ohne mich.

Seit fast vier Jahren versuche ich meine Vergangenheit ‚aufzuarbeiten‘. Es ist ein schmerzhafter Prozess. Es braucht Zeit. Ich brauche Geduld. Seit einigen Monaten geht es bergauf. Es ist unendlich kostbar für mich, dass ich positive Veränderungen spüre, dass ich mich wieder spüre kann. Ich wünsche mir für die Zukunft immer mehr Tage mit mir, ganz nah bei mir, mit meinen Kindern, mit meinen Freundinnen.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

2 Antworten zu „#MeinTagohnemich“

  1. Avatar von Dr. Mura

    Danke, dass du deine Geschichte geteilt hast. Man kennt sich so aus der Ferne und weiß wenig, vom Elend das die andere trägt. Deine Geschichte hat mich berührt und ich wünsche dir für deinen weiteren Weg viel Kraft und gute Zeiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert