Vor 3 Jahren wurde mein Sohn eingeschult. Die Wahl der Grundschule fiel uns leicht. Wir hatten zu Beginn bereits einen Favoriten und nach dem dortigen Infoabend, war ich durch und durch vom Konzept der Schule überzeugt. Ich weiß noch ganz genau, wie froh und erleichtert ich nach dem Vortrag und dem Rundgang durch die Klassenräume war. Ja, das ist die Schule für unseren Sohn!
Ich hatte keinen Zweifel, dass er gerne zur Schule gehen würde, er war immer ein neugieriges Kind. Ich machte mir Gedanken darüber, ob er schnell Anschluss finden würde, aber diese Gedanken vergingen schnell wieder. Es gab keinen Anlass für mich mir Sorgen zu machen und wir freuten uns auf den Tag der Einschulung.
Nach knapp drei Monaten hatten wir den ersten Gesprächstermin mit seiner Lehrerin. – Aus meiner Sicht waren die ersten Monate gut verlaufen. Es brauchte ein wenig Zeit, bis die neuen Abläufe zur Routine wurden. Mein Sohn ging jeden Tag gerne zur Schule und er fühlte sich dort wohl. – Aber das was bei diesem Termin folgte, riss mir buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. – Ich hatte ohnehin zu dieser Zeit eine der dunkelsten Phasen meines Lebens. Ich hatte es in den vergangenen Jahren geschafft, alle Warnzeichen zu übersehen und war mit Vollgas auf dem „Highway to Burnout“ unterwegs. Aus verschiedenen Gründen.
Wenn ich an das Gespräch denke, wird mir schlecht. Es war wie ein unerwarteter und fester Schlag in den Magen. Die Lehrerin kam direkt zum Punkt: „Ihr Sohn macht nichts. Er ist unkonzentriert und er träumt. Er arbeitet nicht und er ist viel zu langsam. Er hängt schon jetzt hinterher. Er ist einfach zu langsam. Ich weiß nicht, was ich noch machen soll.“ Sie steigerte sich förmlich in ein Vorkommnis hinein, was mir für einen Erstklässler nicht ungewöhnlich erschien, aber sie sagte, dass das allen anderen Kinder nicht passiert, nur meinem Sohn. Sie schaffte es kein einziges lobendes Wort zu finden, es war alles schlecht an meinem Kind.
Wie gesagt, ich war in dieser Zeit in einer schlechten „Verfassung“. Es gab nichts, was ich dem entgegensetzen konnte, meine Abwehr war die eines Boxers kurz vor dem K.O. und ich fühlte mich auch so: verprügelt. Nachdem Termin begann sich mein Kopfkarussel zu drehen und mehr als ein Jahr hörte es nicht mehr auf. Ich verstand es einfach nicht. Was war denn mit dem geworden, was beim Infoabend gesagt wurde? „Wir holen die Kinder dort ab, wo sie sind.“ Ja, klar, und mein Sohn stand noch an der Haltestelle und wartete?! Oder hatte die Lehrerin ihn schon nach drei Monaten aufgegeben?!
Kurz gesagt: Die Situation wurde für mich mit jedem Gespräch schlimmer. Ich habe versucht keinen Druck auf meinen Sohn auszuüben. Ich habe versucht ihn so weit wie möglich zu schützen. Ich habe versucht meinen Sohn zu nehmen, wie er ist. Und oft bin ich verzweifelt und viel zu oft, hat er das gespürt.
Es war für mich eine Odyssee zwischen Lehrergesprächen, Arztterminen und Beratungen mit dem Schulpsychologen. Alle waren der Meinung, dass mein Sohn ein Kind ist, ein Kind wie jedes andere. Nur für seine Lehrerin war er ein Problemkind oder vielleicht auch einfach nur ein Problem.
Der Elternabend, an dem ich erfuhr, dass aus organisatorischen Gründen zwei neue Klassen gegründet werden müssen und das Lehrerkollegium für alle Eltern dankbar wäre, die freiwillig einem Klassenwechsel zustimmen würden, war mit Abstand der allerschönste Elternabend, den ich jemals erlebt habe. In diesem Jahr wahrscheinlich auch der allerschönste Abend überhaupt. Ich musste mich zusammenreißen, um nicht vor Freude aufzuspringen.
Auf dem Rückweg nach Hause habe ich vor Glück geweint. Als ich Zuhause war, habe ich dieses Video
angeschaltet und habe begonnen zu tanzen und sehr lange nicht mehr aufgehört.
Nach dem Klassenwechsel sind viele Dinge besser geworden. Seine Klassenlehrerin hat einen guten Blick für und auf meinen Sohn. Er könnte sehr viel mehr, wenn er nur wollte. Mein Sohn hat eine wunderbare Einstellung zu sich selbst. Ich wäre dankbar, wenn ich sie hätte. Er ist mit sich zufrieden.
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