Heute der letzte Teil der Reihe „Briefe aus der Reha in Bad Jedwede“. Teil 1 bis 5 kann man hier nachlesen:
1. Teil
2. Teil
3. Teil
4. Teil
5. Teil
Von Tag zu Tag wurde meine Sehnsucht endlich nach Hause zu können größer. So bin ich dann bereits einen Tag vor dem offiziellen (vorgezogenen) Abreisedatum abgehauen, ohne Rücksprache zu halten. Frau Heart auf der Flucht! Ich habe den Zimmerschlüssel abgegeben und bin gegangen. Das ist jetzt ungefähr ein Jahr her.
Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie befreiend es war den Bus zu besteigen und den Kurort zu verlassen! Ich war so glücklich, so erleichtert. Endlich nach Hause! Ursprünglich war ein Aufenthalt von fünf Wochen geplant, am Ende wurden es zwei Wochen und fünf Tage.
Es muss wohl noch sehr viel Zeit vergehen, bevor ich ernsthaft darüber nachdenken werde, noch einmal für einen längeren Zeitraum alleine wegzufahren. Ich kann nicht sagen, dass es eine verlorene Zeit in der Reha war, aber bis heute fällt es mir schwer, im Guten darauf zurückzublicken.
Erstaunlicherweise war die von mir bis dahin eher belächelte Gestaltungstherapie für mich am hilfreichsten. Es war der Austausch mit der Kunsttherapeutin und den anderen Teilnehmerinnen, die für mich ein Gewinn war. Eine Aufgabe lautete, dass wir unseren Vornamen positiv gestalten sollten. Ich habe die Buchstaben meines Namens sehr bunt ausgearbeitet. Sehr, sehr bunt! Bei der anschließenden Besprechung der einzelnen Bilder, wurde bei meinem wiederholt das Stichwort Regenbogen genannt. Die Therapeutin fragte mich, ob ich wüsste was der Regenbogen symbolisiert. Selbstverständlich kenne ich aufgrund meiner christlichen Erziehung die Geschichte der Arche Noah und dachte, dass er eine Art Entschuldigung von Gott darstellen würde. Nach einer von ihm verursachten Sintflut wäre eine Entschuldigung auch wirklich angemessen gewesen.
Sie sagte mir, dass er Versöhnung symbolisiert. Mir wurde in diesem Moment klar, dass es für mich nie um eine Versöhnung mit meinen Eltern ging, sondern um eine Versöhnung damit, dass es keine Versöhnung geben wird. Das war eine befreiende Erkenntnis.
Auf dem Rückweg im ICE sah ich einen Regenbogen am Himmel. Für meine Eltern wäre das sicherlich ein Zeichen Gottes gewesen. Für mich war es die Erinnerung daran, dass ich für mein Leben verantwortlich bin.
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