Ich habe heute Nacht von Ihnen geträumt. Wir waren gemeinsam im Wald. Sie wollten mir etwas zeigen. Ich hatte Schwierigkeiten mit Ihnen Schritt zu halten. So waren sehr zielstrebig und nahmen den Weg durch die Blätter, den Hügel hinauf, leichtfüßig. Oben warteten Sie auf mich und ich ließ mich atemlos neben Sie plumpsen und atmete durch. Nach einer kurzen Pause dreht ich mich zur Seite und hätte mich fast auf Ihren rechten Oberschenkel aufgestützt. Ohne jegliche Absicht. Sie hatten die Beine ausgestreckt und als Sie sahen, dass ich Sie fast berührte, zogen Sie die Beine an und sprangen federleicht auf. Ich bewegte mich etwas ungelenk in einen Vierfüßlerstand und schaffte es umständlich auf die Füße zu kommen.
Ich wusste nicht, was Sie mir zeigen wollten und folgte Ihnen. Nach der Pause ging alles leichter. Sie zeigten auf den Boden. „Schauen Sie, das suchen wir nicht.“ Auf dem Boden lagen Samen, die noch nicht gekeimt waren. Sie gingen weiter. Und dann erblickten Sie etwas. Die Erde schien an einer Stelle aufgelockert wurden zu sein und so waren zarte, aber trotzdem kräftige Wurzeln zu sehen. „Das würde ich Ihnen gerne einpflanzen. Neue, frische Wurzeln. Das ist etwas, was Ihnen bisher fehlt.“
Ich wundere mich. Wie können mir Wurzeln eingepflanzt werden? Ich werde wach.
bitte geben Sie mir Halt, halten Sie an mir fest, bitte halten Sie mich fest. Bitte berühren Sie mich nicht. Bitte kommen Sie mir nicht zu nah.
Bitte fassen Sie mich an den Schultern, wenn ich den Kopf senke, zweifelnd, leidend und sagen mir, dass alles gut wird und dass Sie für mich da sind. Bitte sagen Sie mir, dass ich gut bin, dass ich so sein kann, wie ich bin. Aber sagen Sie es so leise, dass ich es nicht hören kann, sagen Sie es ohne Worte.
Bitte nehmen Sie mich in den Arm, bitte halten Sie mich aus, ich brauche so sehr Halt. Aber bitte bleiben Sie auf Ihrem Platz, bitte halten Sie Abstand.
Bitte glauben Sie mir, wie wichtig Sie für mich sind, und bitte lassen Sie mich glauben, dass es Ihnen wichtig ist, dass es mir gut geht. Aber bitte verschweigen Sie Ihre Gedanken, bitte schweigen Sie über Ihre Gefühle. Bitte seien Sie leise. Bitte seien Sie nur da.
Bitte halten Sie mein Herz, mein kleines Herz, bitte heilen Sie mein Herz. Bitte flicken Sie es, ganz sanft. Bitte geben Sie ihm Zeit, damit es heilt. Es ist verletzt, ich spüre die Stiche. Jede Ablehnung ein Stich, jedes Nicht-Gesehen-Werden ein Stich, jede Unsicherheit ein Stich. Es waren zu viele Stiche, zu große Schmerzen. Ich war so klein.
Warum hat meine Mutter mich nicht geliebt? Mein Herz ist so verletzlich, ich bin so verletzlich.
Warum hat sie mich so schlecht versorgt? Ich war nicht bereit für die Welt, ich konnte sie nicht aushalten, mit meinem kleinen Herz, so verletzt. Jede Enttäuschung ein Stich ins Herz. Bitte machen Sie mein Herz ganz.
Wie geht das Leben?
So klein war ich und die Enttäuschungen so groß. So klein war ich und die Täuschungen so groß, dass ich sie nicht durchschaute. Bitte täuschen Sie mich nicht, aber bitte sagen Sie mir, dass alles gut sein wird.
So klein war ich und die Schmerzen so groß. Unfassbar groß und niemand da, der mich umfasste, so sanft, so liebevoll, dass ich nicht fassen konnte, wie liebenswürdig ich war, wie schlau ich war, wie sehr ich mich danach sehnte, gesehen zu werden, nach Geborgenheit, nach Liebe, Sicherheit, Wärme, nach offenen, schützenden Armen.
Bitte schauen Sie mich an, wie ich bin, was ich kann, mit einem offenen und ehrlichen Blick, aber blicken Sie mir nicht in die Augen, sehen Sie mich an, wenn ich es nicht sehe. Ich kann Ihrem Blick nicht Stand halten. Ich schäme mich, dass ich gesehen werden will, und ich schäme mich, wenn Sie mich sehen.
Ich sehne mich danach, gesehen zu werden und mich darüber zu freuen. Über die Blicke, über mich, wie ich bin. Ich schäme mich für diese Sehnsucht, ich erlaube mir nicht, mich zu freuen. Scham.
Ich kann nicht fassen, dass ich wertvoll bin, dass ich ausreiche, wie ich bin, dass ich etwas tun kann, was gut ist, was gefällt. Ich kann es nicht glauben.
Ich möchte Ihnen gefallen und falle haltlos. Angst. Ich schäme mich dafür, dass ich mir wünsche, dass Sie mich mögen. Wer bin ich denn schon? So bedürftig, so kaputt.
Ich bin so klein, damit ich mich verkriechen kann, in mir drin, da verstecke ich mich und stecke fest. Bitte holen Sie mich raus, aber bitte kommen Sie nicht rein. Ich möchte nicht, dass Sie sehen, wie es hier aussieht, wie klein ich bin, so verloren, so unzulässig. Lassen Sie mich hier in Ruhe und bleiben Sie bei mir. Ich muss mich auf Sie verlassen können und kann es nicht zulassen.
Ganz grob auf einer Skala von 1 bis 10: Wie war Dein Jahr? Ich dachte ja schon letztes Jahr, dass es nicht wesentlich schlimmer werden kann. Ja, geht aber doch. Auf eine bestimmte Punktzahl möchte ich mich aber nicht festlegen.
Zugenommen oder abgenommen? Da ich mich länger nicht gewogen habe, vermute ich, dass ich im Vergleich zu Dezember 2020 abgenommen habe. Dazwischen ein paar Schwankungen.
Haare länger oder kürzer? Länger. Und zum ersten Mal lang und ungefärbt seit ca. 10 Jahren. Manchmal überlege ich, ob ich wieder färben soll, es ist mir aber zu lästig und die meiste Zeit sind mir die grauen Haare egal.
Kurzsichtiger oder weitsichtiger? Altersbedingte Weitsichtigkeit, sagt die Betriebsärztin. Ich habe aber nicht das Gefühl eine Lesebrille zu brauchen, geht noch ohne Hilfsmittel.
Mehr Geld oder weniger? Mehr.
Mehr ausgegeben oder weniger? Mehr.
Der hirnrissigste Plan? Ich schaffe das allein. (Ich glaube, das hatte ich schon mal geschrieben…)
Die gefährlichste Unternehmung? Mein Leben war 2021 so langweilig und unspektakulär, ich wüsste nicht, was da (objektiv betrachtet) gefährlich war.
Das leckerste Essen? Alles.
Das beeindruckendste Buch? So richtig beeindruckt hat mich keins… Ganz schlimm war „Das Kind in dir muss Heimat finden.“ von Stefanie Stahl. (Wo ist eigentlich das eine vor Heimat im Titel geblieben?) Mir war schon vor dem Lesen klar, dass es mir nicht gefallen wird. Wenn es dir schlecht geht und du nach einer Lösung suchst, ist es auf keinen Fall dieses Buch! Ich habe es aus reinem Interesse gelesen, u.a. weil es so erfolgreich ist.
Ja, doch, das Buch „Weiterleben“ von Ruth Krüger hat einen großen Eindruck bei mir hinterlassen, ich konnte es bisher nicht zu Ende lesen. Ich habe es zur Seite gelegt, bis es mir wieder besser geht.
Der ergreifendste Film? In diesem Jahr war ich nur zwei Mal im Kino. Sehr schlimm ist das! Zum einen in James Bond „Keine Zeit zu sterben.“ Nett. Und in „Schachnovelle“. Sehr zu empfehlen. Über die ARD-Mediathek habe ich „Ich bin dein Mensch“ geschaut. Hat mir sehr gefallen.
Die beste Serie? Wir haben dieses Jahr so viele Serien, wie nie zuvor geschaut. Es ist mir aber nichts als besonders gut in Erinnerung geblieben. „Goliath“ war ganz okay.
Die beste CD? Musik. Ich habe dieses Jahr neue Musik gehört, immerhin. Und ich habe ein Album besonders häufig gehört. Settle von Disclosure. Das Album ist aus dem Jahr 2013, was darauf schließen lässt, dass ich bei Musik echt ganz nah am Puls der Zeit bin…
Ich habe die Befürchtung, dass die Musiker hinter dem Bandnamen zwei weiße Bubis aus California sind, die sich aus den verschiedenen Musik-Kulturen bedienen (kulturelle Aneignung), um einen fancy Beat darunterzumischen. Da ich froh bin, dass ich für mich „neue“ Musik entdeckt habe, werde ich das vorerst nicht recherchieren.
Das schönste Konzert? Keine Konzerte.
Die meiste Zeit verbracht mit…? mit meinem Mann und den Kindern.
Die schönste Zeit verbracht mit…? mir allein.
Vorherrschendes Gefühl 2021? Verzweiflung.
Ich habe seit über 10 Jahren mal mehr, mal weniger darüber nachgedacht, ob ich Antidepressiva nehmen soll. Für mich war es dir richtige Entscheidung. Ich habe sehr schnell eine gute Psychiaterin gefunden und das erste Medikament hat gut gewirkt, nebenwirkungsfrei. Ich weiß, dass das nicht bei allen so ist. Ich glaube, dass ich da viel „Glück“ hatte.
2021 zum ersten Mal getan? Antidepressiva genommen. Mit Haustieren gelebt.
2021 nach langer Zeit wieder getan? Mit Kolleg*innen in „echt“, aber immer mit Maske, gearbeitet.
3 Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen? Dieselben Fehler wieder machen. Selbstzweifel. Depressionen.
Die wichtigste Sache, von der ich jemanden überzeugen wollte? Ich mich davon, endlich einen Termin bei meinem Psychotherapeuten zu machen und offen mit ihm zu sprechen.
Das schönste Geschenk, das ich jemandem gemacht habe? Es ist, wie es ist. Ich verschenke nur schöne Sachen (das kann ich wirklich gut) und ich schenke gerne. Das schönste… keine Ahnung.
Das schönste Geschenk, das mir jemand gemacht hat? Mein Mann backt für mich regelmäßig den Kuchen, den ich mir wünsche. Dafür bin ich sehr dankbar und es macht mich glücklich.
Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat? Ich werde bei Ihnen bleiben.
Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe? Ich kann mir vorstellen, dass wir einen Hund haben können.
Besseren Job oder schlechteren? Weder noch.
Dieses Jahr etwas gewonnen und wenn, was? Nein, nichts gewonnen.
Mehr bewegt oder weniger? Mehr.
Anzahl der Erkrankungen dieses Jahr? Depressionen und Traumafolgestörung. (Das erste Mal, dass ich das hier hinschreibe…)
Davon war für Dich die Schlimmste? Im Prinzip hatte ich zuerst eine Traumafolgestörung, aus der die Depression entstanden ist. Und das ist beides einfach so richtig scheiße, dass das einfach vollkommen ausreicht. Alles andere ist im letzten Jahr daneben Kleinkram gewesen.
die letzte Sitzung hat mir etwas Entspannung gebracht. Ich fühlte mich erleichtert. Am Tag darauf war ich erschöpft und ich legte mich nach der Arbeit für 36 Stunden ins Bett. Es ist einfach schwierig In meinem Alltag, die Ruhe zu finden, die ich vermisse und die ich auch brauche, um meine Gedanken kreisen zu lassen.
Mir kam ein Gedicht von Itzig Manger in den Sinn. Ich habe es durch Zufall vor einigen Jahren gelesen und obwohl ich mich grundsätzlich nicht für Lyrik begeistern kann, hat es bei mir einen Eindruck hinterlassen. Ich denke mir, dass ein Gedicht, ein kurzes Gedicht, trotz der Knappheit viel Raum zur Interpretation lässt. Und ob das nun die Absicht des Autors war oder nicht, da ist Raum für meine eigene Deutung oder auch die Anwendung auf meine Lebenssituation. Das Gedicht ist im Original in Jiddisch, auf Englisch heißt es „On the way stands a tree“. Eine andere Übersetzung lautet „The bent tree“. Der gebogene oder verbogene Baum.
Auf dem Weg oder am Weg steht ein Baum, von dessen Ästen Vögel In unterschiedliche Richtungen fliegen. Ein Junge, oder vielleicht könnte es auch ein Mädchen sein, sagt zu der Mutter, dass es sich, das Kind, vor den Augen, vor ihren Augen in einen Vogel verwandeln möchte oder könnte. Die Mutter erschrickt. Sie sagt „Zieh dir aber einen Schal an!“ und das Kind soll immer mehr Kleidungsstücke anziehen. So viel, bis es sich kaum noch bewegen kann. Das Gedicht endet sinngemäß mit dem Satz „Und in den Augen meiner Mutter sehe ich die Liebe, die mich nicht zu dem Vogel werden lässt, der ich sein möchte.“
Es soll wohl so sein, dass jüdische Mütter besonders behütende Mütter sind. Ich kann das nicht beurteilen. Aber ich denke, dass es in allen Kulturen solche Eltern gibt. Aber dieses Gedicht lässt eben auch zu, das anders zu deuten. Es ist also von einem Baum die Sprache. Auf dem die Vögel sitzen. Und da kommen natürlich dann Wurzeln und Flügel zusammen. Es ist aber kein gerader Baum, der da am Wegesrand steht, es ist ein verbogener, ein krummer Baum. Also, die Basis stimmt nicht oder ist nicht optimal. Trotzdem. Die Vögel verschwinden. Sie können davonfliegen.
Ich glaube, dass mir meine Eltern keine Wurzeln gegeben haben. Meine Eltern haben mir Fesseln gegeben. Und diese wiegen schwer. Ich spreche nicht so gerne in diesem Bild, weil es sehr plakativ ist. Aber diese Fesseln, die haben also verhindert, dass ich meine Flügel ausbreiten konnte und selbst wenn, hätte ich aufgrund der Last nicht vom Boden abheben können.
In den letzten Tagen fühlte sich mein Herz so verwundet an, wie abgeschmirgelt. Vielleicht auch empfindlich. Umgeben von einem Schild aus Narbengewebe. Und ich glaube, dass es irgendwie an der Zeit ist, das abzulegen. Ich hab aber einfach noch zu große Angst, dass das Herz dann zerspringt. Mein Herz. Dass wenn ich jetzt weine, ich in meinen Tränen untergehe.
An dem Tag, an dem ich Ihnen diesen Brief vorlese, werde ich mir ein Tattoo stechen lassen. Ich spüre das Tattoo auf meiner Haut. Der Gedanke ist schon in die Haut eingeschrieben. Und auch das ist jetzt sehr plakativ. Aber es muss für mich Sinn ergeben und das tut es. Paul McCartney hat ein Lied geschrieben. Das heißt Blackbird. Und diese Amsel von der er singt, sie soll fliegen. Trotz der Flügel, die gebrochen waren. Trotz der Augen, die müde sind. Und er sagt „Das ist der Moment, auf den du so lange, dein ganzes Leben, gewartet hast.“ Deswegen lasse ich mir eine Amsel tätowieren. Die mich daran erinnern soll, dass ich fliegen kann. Dass die Amsel die Lasten, die vielen Schichten der Kleidung, die Fesseln, ablegen kann. Sich frei machen kann.
Ich höre meinen Eltern schon lange nicht mehr zu. Und wenn ich meine Glaubenssätze, die meine Eltern mir beigebracht haben, ablegen kann, dann werde ich ihnen, diesem Echo, nicht mehr gehorchen.
Es ist jetzt Zeit für mich zu reden. Frei zu sein und zu fliegen.
Das ist sicherlich eine Frage, die viele Menschen beschäftigt und die ich mir in der Vergangenheit gestellt habe und auch in der Zukunft immer wieder stellen werde.
Ich kann hier aus meinen individuellen Erfahrungen berichten und eventuell sind meine Strategien für jemanden hilfreich. Für die, die daraus keine Hilfe ziehen können, gibt es andere Möglichkeiten, die sie sicher finden werden.
Die Anstrengung muss so hoch sein, dass ich ins Schwitzen gerate. Wenn ich keinen Bock habe, zwinge ich mich trotzdem. Das ist nervig und fühlt sich blöd für mich an, aber hinterher geht es mir immer besser. Es ist vollkommen egal, welche sportliche Aktivität ich ausführe, es muss gerade so anstrengend sein, dass der Puls hoch geht, ich aber noch gut atmen kann. (Wirkung und Wirksamkeit wurde wissenschaftlich untersucht, wer Details darüber wissen möchte, kann mit Hilfe einer Suchmaschine schnell fündig werden.)
Über kleine Dinge freuen
Das ist ein Tipp, der äußerst banal klingt und wahrscheinlich auch für die*den eine*n oder andere*n etwas Übung erfordern könnte, vielleicht auch nicht. Auf jeden Fall freue ich mich jeden Morgen auf meine erste Tasse Kaffee and auf alle drei Mahlzeiten, die ich an diesem Tag zu mir nehmen. Dabei spielt es keine große Rolle, was ich esse. Ich freue mich darüber, dass ich mich um mich kümmere, auf meine Bedürfnisse achten und meinen Hunger stillen kann. Das ist sehr basal, aber ich bin sehr gut darin. Und gehört sicherlich zum Bereich der Selbstwirksamkeit.
Selbstwirksamkeit
Das ist absolut wichtig, wenn ich das Gefühl habe, dass mir alles aus meinen Händen gleitet und ich keine Kontrolle mehr habe. Und tatsächlich ist es so, dass wir Menschen über viel weniger Dinge die Kontrolle haben, als wir denken bzw. glauben möchten. Ich nehme mir also kleine Projekte vor, die ich gut schaffen kann und die eine Veränderung bewirken. Das kann sein, dass ich eine Wand streiche und ein neues Bild aufhänge. Für mich ist es wichtig, dass sich sehen und begreifen kann, dass ich etwas mit meinen Fähigkeiten und mit meinen Händen erreichen (er-schaffen) kann. Für andere kann es eine gute Sache sein, ein Brot zu backen oder ein Vogelhaus zu bauen. Ich räume auch gerne auf. Nicht um des Aufräumens Willen, sondern um anschließend sehen zu können, was ich geschafft habe.
Ziele setzen
Und zwar realistische und gut erreichbare Ziele. Die ganze Sache soll Spaß machen und nicht in eine Überforderung führen. Letztes Jahr um Ostern habe ich mir eine sogenannte Fitness-Challenge vorgenommen. Dazu habe ich einen Plan ausgedruckt, den ich online gefunden hatte. Hier ging es nicht darum, mich auf einen Marathon vorzubereiten. Sondern: Für mich ging es darum gut schaffbare Workouts durchzuführen und im Anschluss ein Kreuzchen hinter ein Kästchen machen zu können. Nach 30 Tagen konnte ich dann sehen, dass ich alle Aufgaben erreicht hatte. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben.
Selbstfürsorge
Oft habe ich den Eindruck, dass viele Menschen es lieben, sich mit einem Buch und einer Tasse Tee in die Badewanne zu legen. Wenn dir das gut tut, mache es! Für mich bedeutet Selbstfürsorge auch, Kontrolltermine bei Ärzt*innen wahrzunehmen. Das ist auch eine Art Challenge, weil ich äußerst ungern medizinische Termine wahrnehme. Aber hinterher bin ich immer dankbar und froh, dass es hier in der Umgebung ausreichend Fachärzt*innen gibt und freue ich mich darüber, etwas für mich und meine Gesundheit getan zu haben.
Schlechte Zeiten oder schlechte Stimmung zulassen
Wenn ich es so empfinde, dass mein Leben momentan ******* ist, dann habe ich jedes Recht der Welt mich auch ******* zu fühlen. Darin habe ich sehr viel Erfahrung. Auch hier gilt nach jedem Tief, geht es auch wieder aufwärts. Es ist eine echte Herausforderung für mich alle Gefühle anzunehmen oder überhaupt meine Gefühle wahrzunehmen. Meine Erfahrung zeigen mir, dass es mir nicht hilft die Gefühle zu verdrängen, denn – und das klingt sicher ein wenig esoterisch – alle Gefühle, die in mir entstehen, wollen gelebt werden und sie warten auf den Moment sich zu zeigen. Und wenn ich da zu lange warte, gibt es Zeiten, in denen ich von meinen Gefühlen überrannt werde. Aber auch das kann ich aushalten. Ich versuche trotzdem, nicht abzuwarten und früher aktiv zu werden. Ich übe das noch.
Dankbarkeit
Es ist immer wieder gut sich darüber bewusst zu werden, was im eigenen Leben gut ist. Manche Leute schreiben Listen oder malen Bilder. Ich bin dafür beides nicht zu haben, aber die Momente, in denen ich die Dankbarkeit spüre, versuche ich mir zu merken und sie in meine Erinnerungen einzubrennen. Wobei es sicherlich doch hilfreich wäre, sie aufzuschreiben.
Wie machen das andere Leute?
Wer gerne liest, dem kann ich empfehlen autobiographische Texte zu lesen. Für mich sind diese Texte in den vergangenen Jahren essentiell geworden. Vor allen Dingen, weil ich durch sie erfahre, wie andere Menschen leben und wie andere Menschen mit ihren Herausforderungen umgehen und damit leben. Es geht hier nicht darum, mich zu vergleichen oder ein Gefühl entwickeln zu müssen, dankbar zu sein, weil es Menschen gibt die schlimmere Dinge erfahren haben. Es geht mir darum zu lernen, dass alle Mensch individuelle Probleme oder Herausforderungen haben. Und was diesen Menschen in ihrer einzigartigen Situation geholfen hat und im Anschluss zu überlegen: Ist das etwas was mir auch helfen könnte?
Sehr beeindruckt und nachhaltig geholfen hat mir das Buch „… trotzdem Ja zum Leben sagen“ von Viktor E. Frankl. Besonders das Kapitel „Wenn einem nichts mehr bleibt“. Und auch das Buch „Ein gutes Leben ist die beste Antwort“. Und auch hier gilt: das sind Bücher, die mir geholfen haben. Es gibt eine Vielzahl von autobiographischen und biographischen Berichten und für jede*n sicher auch eine passende Lektüre. Und Filme, Dokumentationen, Bildbände oder ganz was anderes sind auch noch da!
die letzte Sitzung war sehr schmerzhaft. Nachdem ich Ihre Praxis verlassen hatte, wusste ich für einige Augenblicke nicht, was ich machen soll. Es war schwer, zu gehen bzw. zu entscheiden, wohin ich gehen soll.
Wenn ich in der letzten Sitzung gesagt habe, dass ich den Verrat meiner Eltern als eine Art Mord empfunden habe, möchte ich das revidieren und stattdessen sagen, dass sie mein Gefühlsleben, Gefühlserleben abgetötet haben.
Es ging mir in den vergangenen Tagen schlecht. Ich fühlte mich wie von einem Nebel umgeben. Ich fühlte eine schwere Last, die mich niederdrückt. Ich fühlte gar nichts. Ich spürte meinen Körper nicht. Ich fühlte mich wie aufgelöst. Ich hatte Gefühle, wusste aber nicht welche.
Mir ist schmerzhaft, noch einmal stärker, bewusst geworden, wie sehr meine Kindheit meine Entwicklung beeinflusst hat. Und welchen Einfluss das immer noch auf mich hat. Wie stark das Verhalten meiner Eltern, mich verdreht hat. Dass ich es als so bitter empfinde, dass ich mich mein ganzes Leben gefragt habe, was nicht mit mir stimmt. Und ich mich immer wieder gefragt habe, ob ich eine Art von Persönlichkeitsstörungen habe. Und den Fehler bei mir gesucht habe.
Was haben meine Eltern mit mir gemacht? War es das wirklich wert? Den egoistischen Drang seine eigenen Gefühle über sein Kind zu befriedigen. Auf Kosten meiner gesunden Entwicklung und Persönlichkeitsentfaltung.
All diese Jahre voller Selbstzweifel und Sehnsucht. Und voller mühsamer Anstrengungen. Einfach für den ***** All diese Energie, die ich investiert habe. In meinem Leben. Um ein Ziel zu erreichen, das nicht zu erreichen ist. Die viele Energie, die ich brauche, um ein gutes Leben führen zu können. Heute.
Ich habe einen Podcast gehört zu C. G. Jung. Bei dem es nur um Basiswissen ging. Und eine Soziologin war eingeladen, um darüber zu sprechen und. Nein, das war keine Soziologin, das war eine Psychologin für Tiefenpsychologie. Zu mindestens bei einer der Aussagen, dass in der Mitte des Lebens die Erkenntnis auftauchen kann, dass da ein Drang gespürt werden kann, dass da ein anderes Leben, da ist ein anderes Leben, das gelebt werden möchte. Diesen Drang spüre ich auch. Der hat aber mit meiner Lebensmitte nichts zu tun. Ich möchte ein freieres und mutigeres Leben leben. Und ich möchte nicht bitter darüber werden, dass es dieses Leben unter anderen Umständen bereits gegeben hätte. Und das macht mich so sauer. Dass meine Eltern rein gar nichts verstehen. Nichts. Was Sie mir angetan haben. Wie schwer mein Leben ist.
Ich möchte, dass Sie mir dabei helfen. Ich habe Angst. Meine ehemalige Therapeutin. Sie hat so viele schlimme Dinge zu mir gesagt, die sich in mich eingebrannt haben. Und sie hat genau in die Kerbe geschlagen, an der meine Eltern schon gearbeitet hatten. Und deswegen ist es mir auch leicht gefallen, das zu glauben. Ich wäre selber Schuld daran, dass meine Eltern mir nicht glauben würden. Weil ich alles so rationalisieren würde. Ich würde berichten, wie in einem Artikel in einer Tageszeitung. Sehen Sie Sie reagieren über. Wieder. Sie haben sich nicht genug angestrengt. Wir haben zu wenig erreicht. Sie haben zu wenig erreicht.
Wenn wir zusammenarbeiten und ich mich darauf einlasse… Wenn das nicht klappt. Also wenn die Therapie nicht aufgeht. Ich weiß nicht, ob ich das nochmal schaffe.
Ich will mich auf den Weg machen. Bleiben Sie bei mir, bitte.
Ich habe viele Beiträge hier auf „privat“ gestellt und insgesamt müsste ich alle Beiträge einmal überarbeiten. Das werde ich aber in der nächsten Zeit nicht schaffen und somit kommt hier der Hinweis, dass mein Blog die oben genannten Themen behandelt und dass die, die das nicht lesen möchten, wollen, können, sich bitte schützen und es eben nicht tun!
Zudem der Hinweis auf Anlaufstellen, für Menschen, die Hilfe suchen und brauchen:
in den letzten Tagen konnte ich ein paar Dinge für mich sortieren und es würde mir schwer fallen diese Dinge auszusprechen, deswegen schreibe ich Ihnen erneut einen Brief.
Wenn ich das Folgende sage, bin ich mir darüber im Klaren, dass es sich dabei um einen Wunsch handelt, der sich nicht erfüllen lässt. Ich glaube aber, dass es für mich wichtig ist, es Ihnen zu sagen, um das Thema für mich abzuschließen zu können.
Ich hatte in der letzten Sitzung gesagt, dass die therapeutische Beziehung für mich in keine Kategorie passt und dass es mir deswegen schwer fällt, diese einzusortieren. Das hat vor allem auch damit zu tun, dass ich für mich viele Dinge durcheinander geworfen hatte, die ich jetzt versucht habe, wieder auseinander zu dividieren. Vor allen Dingen hatte ich auch Privatheit mit Intimität verwechselt und auch Sympathie mit dem Wunsch eine Art von persönlicher Beziehungen anzustreben, so als wäre das eine zwingende Folge aus dem anderen.
Ich weiß jetzt, dass es nicht notwendig ist, jemandem zu vertrauen – Nein falsch! – Dass ich einen Menschen nicht zwingend mögen muss, um ihm vertrauen zu können, was aber nichts daran ändert, dass ich Sie mag und mir wünschen würde, mit Ihnen eine private Beziehung zu pflegen und jetzt wo ich schon einfach hier alleine bin, fällt es mir schwer, das so zu formulieren und der Gedanke, es vor Ihnen auszusprechen, erscheint mir absolut absurd.
Sie müssen jetzt aber sicherlich keine Bedenken haben, dass ich Sie stalken werde – das lösche ich dann später – Ohne Sie privat zu kennen, habe ich zumindest eine Ahnung davon, dass wir bestimmte Gemeinsamkeiten haben und ich gerne mit Ihnen – beispielsweise – ins Theater gehen oder andere kulturelle Veranstaltungen besuchen würde, aber das wird sich so nicht realisieren.
Denn die therapeutische Beziehung, die ich zu Ihnen habe, ist eine professionelle Beziehungen und keine private. Diese Beziehungen ist nicht Teil meiner privat gelebten Gegenwart, auch wenn ich mir das wünsche.
Ich vertraue Ihnen und Ihrer fachlichen Kompetenz als Therapeut, aber ich vertraue Ihnen nicht als Mensch. Für die therapeutische Beziehung ist diese erst genannte Art des Vertrauens ausreichend und adäquat.
Als ich vor fünf Jahren zu Ihnen kam, dachte ich, ich würde mit Ihnen mehr über meine Kindheit sprechen und es stellte sich im weiteren Verlauf heraus, dass ich Probleme in der Gegenwart hatte, die ich mit Ihrer Hilfe gut lösen konnte. Im Rückblick war ich sehr erleichtert darüber, dass sich die Gegenwart hineingedrängt hatte und ich eben nicht über meine Kindheit – im Detail – mit Ihnen sprechen musste, weil mich das von dem Druck befreite, über Dinge zu sprechen, über die ich nicht sprechen möchte.
Denn die Vergangenheit macht mir Angst. Ich weiß selbst nicht, was mich erwarten wird. Ich muss oder ich werde versuchen Kontrolle abzugeben und ich muss mich darauf verlassen können, dass Sie das mit mir zusammen machen. Ich bin mir jetzt darüber klar geworden, dass ich in meinem Umfeld einige Personen habe, die mich in meiner Gegenwart begleiten und dass ich meine Leben im Heute gut bewältigen kann und dort auch Unterstützung habe. Ich brauche Ihre Hilfe aktuell nicht, um ein Heute meistern zu können, sondern ich brauche Sie, um über meine Vergangenheit sprechen zu können und ich bin mir sicher, dass Sie das auch fachlich und sachlich können.
Ich habe aber vor allem trotzdem Angst davor, dass Sie mich enttäuschen könnten, weil ich das Gefühl habe, ich würde mich schutzlos ausliefern und ich aus der Vergangenheit weiß, wie stark Enttäuschungen mich erschüttern. Ich weiß, dass diese Angst auch in Ordnung ist, da sie keine sachliche bzw. rationale Grundlage haben muss, um sie zu fühlen.
Ich habe Angst, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich eine weitere Enttäuschung überleben kann und wenn ich mich auf diese gemeinsame Therapie einlasse, werde ich Dinge sagen, die sehr viel Raum für Enttäuschung eröffnen und ich habe einfach schon zu viel Angst gehabt.
Und auch wenn das banal klingt, habe ich Angst davor zu weinen, weil doch meine Gefühle das Einzige sind, was ich nach außen hin kontrollieren kann – ich denke das zumindest – und das deutlichste Zeichen für mich dafür, dass ich Gefühle habe, ist das Weinen. Wenn sie mich weinen sehen, wissen Sie, dass ich Gefühle habe.
Bitte gehen Sie mit mir behutsam um. Und bitte enttäuschen Sie mich nicht.
Ich hatte schon einmal darüber geschrieben. Wie beendet man eine Freund:innenschaft? Ich kenne die Antwort darauf immer noch nicht. Es hängt vermutlich vom Einzelfall ab.
Am elegantesten ist es wohl, wenn sich beide Beteiligten darüber einig sind und der Kontakt so im Sand verläuft. Das habe ich selber schon erlebt und diese Art lässt die Tür zu einer erneuten Kontaktaufnahme einen Spalt offen.
Es gab aber diesen einen Menschen, mit dem ich eben nicht mehr befreundet sein wollte. Der Gedanke hat mich lange belastet. Ich bin nicht der Typ, der schnell Freund:innenschaften schließt, und … ich weiß auch nicht, jedenfalls habe ich mir sehr lange Gedanken darüber gemacht, ob es in Ordnung ist, wenn ich mich zurückziehe.
Und als ich mich endlich durchgerungen hatte, auf mein Gefühl zu vertrauen, stellte ich mir lange Zeit die Frage, wie ich mich zurückziehen kann. Zu Beginn meldete ich mich weniger. Das war mit der Hoffnung verknüpft, dass dieser Mensch schon merken würde, was Sache ist.
Ich mache das hier mal kurz. Nein, dieser Mensch hat nichts gemerkt. Weil ich ein schlechtes Gewissen hatte, war ich sogar noch bei ihrer Geburtstagsfeier und fühlte mich noch schlechter.
Vielleicht habe ich in der Zeit auch ein bisschen zu viel darüber nachgedacht. Ich finde es immer noch furchtbar, dass ich einen Brief geschrieben habe, in dem ich ihr mitteilte, dass ich mich nicht mehr melden werde.
Ich habe auch abgewogen, auf welchem Wege ich ihr das mitteile.
Persönlich? Nein, auf gar keinen Fall.
Am Telefon? Noch schlimmer!
Per Kurznachricht? Nein, das ist überhaupt keine Option.
Ich dachte erst, dass eine E-Mail ein guter Weg wäre, aber die ist schnell beantwortet und auch weitergeleitet.
Es blieb dann nur ein Brief.
Den zu schreiben, war auch nicht einfach. Gibt es da die richtigen Worte? Ich wollte sie auf keinen Fall verletzen… jedenfalls nicht noch zusätzlich und das ist mir sicher nicht gelungen. Ich hatte das Gefühl, dass eine Erklärung angebracht wäre, aber wie?
Auch die Wochen danach hat mich das sehr beschäftigt. Eine ganz große Misere – das alles.
Was will ich damit denn eigentlich sagen? (Mal davon abgesehen, dass ich mir offensitlich sehr viele Gedanken mache.) Es ist eine ganz blöde Situation, wenn die eine nicht mehr will und die andere nichts ahnt, wie auch…
Denn diese andere, die war ich auch und weil es da nie ein klares Wort gab, hänge ich doch immer noch an dieser Person, die das gar nicht mehr möchte.
Dieser klare Schnitt, der tut weh. Beiden. Ich gehe davon aus, das niemand leichtfertig den Kontakt abbricht. Es gibt Gründe.
Ein letztes Wort, das hätte ich mir gewünscht. Das wäre die vergangene Zeit wert gewesen. Keine Erklärung, keine lange Abschiedsrede, einfach ein klares Wort.
Ich habe das sicherlich schon mal irgendwann geschrieben, würde es aber auf Anhieb hier nicht finden. Meinen Eltern war es immer sehr wichtig, dass wir nach Außen wie eine glückliche Familie wirkten. Sehr wichtig, um diesen Anschein aufrecht zu erhalten, war ihnen Familienurlaub. Familienurlaub scheint eine besonders große Rolle im Glückliche-Familie-Theater zu spielen. Vielleicht fahre ich heute deswegen sehr ungern in Urlaub, vielleicht auch nicht, weiß ich nicht.
Jedenfalls erinnere ich mich an angespannte Stimmung und gespielte Fröhlichkeit an verschiedenen Orten der Welt. Ein Ortswechsel ändert nichts an der Familie, außer wir besuchten Verwandte, denn dann änderte sich (irgendwie jedenfalls) die Familienkonstellation, aber es war immer noch genauso sch… manchmal auch noch beschissener.
Meine Eltern waren nie davon abzubringen, dass ein Familienurlaub eine spitzenmäßige Idee ist.
So kam es dann im Jahr 1990, dass wir alle zusammen zuerst die Familie meine Schwägerin in Paris besuchten und im Anschluss zwei Wochen in der Bretagne waren. Ich höre schon das Seufzen. „Ach, die Bretagne, wie schön.“ Ja, also, schon auch, aber mit meiner Familie, wie schon gesagt: NEIN!
Mein Bruder und meine Schwägerin hatten im Dezember geheiratet und meine Schwägerin war bei Antritt der Reise hochschwanger. Wenn ich mir vorstelle, ich wäre hochschwanger mit meinen Eltern verreist… Nein, besser nicht vorstellen.
Meine Schwägerin – inzwischen die Ex-Schwägerin – ist Schwarz. Das erwähne ich, weil es für das folgende wichtig ist. Meine Mutter ist selbtherrlich, das erwähne ich, weil es die Wahrheit ist und erklärt, warum mich meine Mutter mein ganzes Leben so genervt hat. Meine Mutter ist toxisch und narzistisch. Ihre Wahrnehmung ist so verdreht, dass ich es nicht aushalten kann.
Wir sind mit zwei Autos gefahren. Ein schwarzer Polo und vermutlich ein roter Golf. Wichtig ist zu verstehen, dass diese Autos 1990 Kleinwagen waren, sie waren klein. Wir waren zu 7 unterwegs, 5 Erwachsene – davon eine hochschwanger, und 2 Teenagerinnen, wobei – ich war noch 12, aber so genau muss es ja eigentlich nicht sein.
In meiner Erinnerung bin ich die meiste Zeit im Polo gewesen, den mein Vater gefahren hat. Den Golf steuerte meine Mutter. Irgendwann auf dieser Reise kam es zu einer Diskussion, es waren vermutlich viele Diskussionen, aber ich weiß nur von der einen. Denn meine Mutter, die weiß einfach alles, und sie weiß es auch alles besser. Es gibt wirklich kaum etwas nervigeres, als mit meiner Mutter zu diskutieren. Sie ist windig wie ein Wurm, ihr Fähnlein weht so wechselhaft im Wind, dass jedem schwindelig wird, außer ihr natürlich, denn ganz ohne Zweifel steht für immer und ewig fest: Sie hat Recht, immer. Wenn sie nicht Recht hat, hat sie trotzdem Recht. Ende.
So kam es also dazu, dass meine Mutter meiner Schwägerin sehr genau erläuterte, warum sie als N* bezeichnet werden darf. Denn dieses Wort hätte ja nichts mit Rassismus zu tun, denn die ursprüngliche Wortbedeutung … und zudem ist es auch … und ich weiß das … und auch wenn du das ablehnst, werde ich das immer noch sagen dürfen und zwar … (Ich möchte keine ungültigen Argumente wiedergeben, aber die meisten werden wissen, wie solche Belehrungen formuliert werden.)
Ja, und das sprengte dann auch die Grenzen meiner Vorstellungskraft. Meine Mutter setzte neue Maßstäbe für gelebte Ignoranz! Mit 12 Jahren wusste ich, dass meine Mutter nicht Recht hatte. Das war ja nun nicht das erste Mal, dass ich das erlebte, aber dass sie so überheblich sein konnte, das war für mich erschreckend und beschämend.
Es ist nicht „überliefert“, was mein Bruder dazu sagte oder ob mein Vater sich positionierte. Alles sehr erbärmlich.
Ich glaube, dass jede*r eine Person in seinem Umfeld haben sollte, die bei passender Gelegenheit ganz klar und deutlich sagt: „Jetzt halt einfach mal deine Fresse! Bei diesem Thema sei einfach ruhig.“